Konzeptstudie

Die integrierte Terrassenstadt

Städtebau – neu denken

Was ist:

Es sei die Frage erlaubt: Entspricht der derzeitige Städtebau noch den aktuellen, geschweige denn den künftigen Erfordernissen? Global betrachtet, ergießen sich die Millionenstädte als mächtiger Siedlungsbrei in die Landschaft, zunehmend weniger unterscheidbar, mit einzelnen hässlichen Flecken, den sozialen Brennpunkten. Es sind strukturelle Probleme wie beispielsweise: Soziale Entmischung der Bevölkerung, bei weltweit zu beobachtender Ausbreitung von No-Go-Areas und Gated Communities, innerstädtische Verkehrsprobleme, baustrukturbedingter hoher Energieverbrauch der Wärme-/Kältelast, um nur einige zu nennen. Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass solche Gegebenheiten natürlich auch durch eine ökonomische globale Entartung befeuert werden. Macht man sich frei von vorstehenden Gegebenheiten und betrachtet einfach einmal die Zielpunkte der Touristenströme, es sind die mittelalterlichen Stadtkerne, die sich innerhalb überlebenswichtiger Stadtmauern entwickelten. Es war die Bedrohung durch äußere Feinde, die Dichte notwendig machte. Heute sind wir soweit, dass es mittlerweile ökologische Erfordernisse sind, die das Gleiche sinnvoll sein lassen. Es ist auch die Fußläufigkeit und das assoziierte soziale Miteinander, was die Besichtigung zum besonderen Erlebnis macht, weil man es oft im eigenen Quartier vermisst.

Was sollte:

Fassen wir also die derzeitigen Wünsche (und möglichst auch denkbaren künftigen Entwicklungen ) an den Städtebau zusammen:

  • Naturnahes Wohnen, mit Hausgärten oder Wohnterrassen, mit temporären Grundriß- lösungen sowohl in der fixen Fläche, wie auch in der veränderbaren Größe und Höhe.
  • Baustruktur umgreifende Nutzung aller Aktivitäten von Wohnen, Arbeiten, Lernen, Freizeitaktivitäten u. a. Dies unter der Gegebenheit der Wandlungsfähigkeit der Flächennutzungen wie der konstruktiven Struktur als fortwährenden Prozess städtischer erfordernisbedingter Veränderungen.
  • Kurze Wegeführung und getrennt nach Fußgänger - Autelcar – Andienungsebene. Alle ohne individuellen PKW-Verkehr.
  • Optimale physikalische Nutzung der Wärme- und Kühlungsmöglichkeiten durch die Bauform, sowohl innerhalb der Wohn- und Arbeitsflächen, wie auch der temperierten Freiräume.
  • Spekulationsfreie Erstellung und Nutzung unter Einschluss aller denkbaren Pacht- und Eigentumsformen, sowie deren Wandlungsmöglichkeiten.

Was kann: Die integrierte Terrassenstadt

Sie zeichnet sich durch folgende nachhaltige Lösungen aus:

Naturnahes Wohnen

Zu A) Die Wohnungen in den unterschiedlichsten Größen haben ausnahmslos, wenn gewünscht, eine Wohnterrasse mit freier Aussicht in die Natur und den Zugang hausinnenseitig über Aufzüge, Brückenzugänge und Treppen (z. B. 30% barrierefrei). Die Wohnungsgrundrisse und Größen sind variabel. Desgleichen das Geschossdecken und Höhensystem. Daraus folgt, dass auch spätere Umbauten ( z. B. Nutzungsänderungen Wohnen/Arbeiten) einen geringen Aufwand erfordern bei Wiederverwendbarkeit der Mehrzahl der Konstruktionselemente (Elmo 30.3). Das statische Konzept beruht auf einem Mix von monolithisch erstellten Elementen und Fertigteilen.

Flexible Nutzung

Zu B) Eine Baustruktur umgreifende Nutzung aller Aktivitäten ergibt sich aus A). In Umkehr des Gewohnten entfaltet sich der städtische Erlebnisraum als „Innenraum“ bei natürlicher Beleuchtung und Belüftung mit vergleichsweise „historischer“ Maßstäblichkeit (nur untere Geschosse optisch wahrnehmbar) und eine Revitalisierung klassischer städtischer Komponenten, wie z. B. Verkaufsflächen, med. Einrichtungen, vollverglaste „Marktplätze“ mit Cafes, Restaurants, Behörden usw. Die Brückenzugänge zu den Wohnungen andererseits schaffen eine Überschaubarkeit in Form von Mininachbarschaften, möglichst so zu verstehen, wie man sie z. B in Japan umfassend sozial praktiziert hat (gokei gumi). Die Außenansicht der Stadtstruktur hingegen ist gekennzeichnet durch Wohngärten und terrassenförmig ansteigende Geschossreihen ( Neigungswinkel von 30-90°) mit Pflanztrögen und PV Paneelen. (Sonnenschutz). Die Fernwirkung lässt eher eine bewaldete Bergkette als eine Stadt vermuten.

Kurze Wegeführung

Zu C) Es sind im Regelfall weniger als 200m, um von jeder Wohnung in die Natur, d. h. in das städtische Grün zu gelangen. Bis zum Autelcar sind es weniger als 100m.

Autelcars sind akkubetriebene offene 2-Sitzer (mit ausfahrbaren Transportnetzrahmen zur Aufnahme von Gepäck, Kinderwagen u. a.) Sie werden per Smartphone angefordert, abgerechnet und fahren autonom innenseitig der Stadtstruktur zum Zielpunkt . Sie sollten im Eigentum einer Betreibergesellschaft stehen. Ihre Verkehrsebene ist eng mit der Fußgängerebene verbunden jedoch eigenständig. Die Fahrzeit beträgt je nach Länge der Stadtstruktur (bei z. B 60 000 Einwohner max. 3.5km, d. h. 6 Min.) bis zur Stadtmitte (Zentralstation, PKW Sammelgarage) mithin max. 3 Min. Der Lieferverkehr wird ausschließlich auf der untersten eigenständigen Ebene abgewickelt. Der Individualverkehr beginnt und endet in der Sammelgarage bei der Zentralstation (Fernverkehr). Nur hier können PKW-Stellplätze gemietet werden. Bei kommunaler Trägerschaft ist über die Miethöhe eine Steuerungsfunktion gegeben, so dass eine sich bietende Mehrfachnutzung der PKW, basierend auf privaten Vereinbarungen zu erwarten ist. Aufzüge in mittelachsig, erstellten Schächten laufend, besorgen den Vertikaltransport. Sie sind mit den rückwärtigen Wohnungszugängen über Brückenstege verbunden (1/9-15 WE). Treppen innenseitig und Fluchtwege außenseitig der Stadtstruktur sind Bestandteil des Sicherheitskonzeptes.

Nutzungsmöglichkeiten des Autelcars

Fremde –
Freunde –
mit Gepäck –

Klima

Zu D) Optimale physikalische Nutzung: Die Bauform ergibt zunächst ein Minimum an Außenflächen bezogen auf die Kubatur. Daraus ergeben sich folgende Nutzungsanwendungen:

  1. Kalte Klimazonen:
    • Winterbetrieb: Die „Außenhaut“ (sprich Isoliermasse) der inneren Kubatur stellen die konventionell zu beheizenden Wohnungen dar (transparente Dachklappen geschlossen) Fußgängerverkehr vorzugsweise im Inneren
    • Sommerbetrieb: Temperatursteuerung über transparente Dachklappen Fußgängerverkehr vorzugsweise innen und außen.
  2. Heiße Klimazonen:
    • Winterbetrieb wie 1b
    • Sommerbetrieb: Die kühle Nachtluft wird unterirdisch angesaugt, evtl. über Verdunstungsstrecken weiter abgekühlt und in die Innenkubatur geblasen. Thermik, über Dachklappensteuerung geregelt. Die terrassierten Außenfassaden werden durch Verschattung und Pflanzen geschützt. In den Wohnungen erfolgt Luftkühlungsaustausch v. der Eingangsseite her. Fußgängerverkehr vorzugsweise innen.

Spekulationsfreie Nutzung

Zu E) Über eine spekulationsfreie Erstellung und Nutzung sind Aussagen nur bedingt möglich, dazu sind die Rechtssysteme der einzelnen Länder zu unterschiedlich. Legt man hypothetisch die deutschen Erfahrungen zugrunde, so ließe sich vielleicht folgendes sagen: Die geeignetste Gesellschaftsform dürfte die Genossenschaft sein. Dies als denkbar beste Voraussetzung für weitergehende Ideen:

Vorschlag 1: Die Wohnungen können nur als Teileigentum in der Spanne v. 5-95 % erworben und genutzt werden. Alle Nutzer sind Eigentümer (selbst 5% Ansparer während der Nutzung). Alle Nutzer sind Mieter. Miethöhe reziprok zum Eigentumsanteil. Vorteile: Genossenschaftlicher Einfluss auf Verkaufspreise, Nutzerverhalten, Vermeidung einer Gentrifizierung.

Vorschlag 2: Bei Auszug des Nutzers und wenn ein Verkauf nicht gewünscht wird, wandelt sich das reale Eigentum in ideelles Eigentum in form v. Anteilen an dem genossenschaftlichen Mietenpool, dessen Ausschüttungen ergeben dann nach Abzug der Rücklagen etc. die „Vermieterrendite“. Vorteile: Genossenschaftlicher Einfluss auf die konstruktiv gegebene Variabilität der Wohnflächen und auf die Nutzungsänderungen.

Vorschlag 3: Die Gewerbeflächen, die vorwiegend durch den Dienstleistungssektor genutzt werden, sollten zwar nach den Wünschen und Erfordernissen der Nutzer erstellt werden, aber dies grundsätzlich nur auf Mietbasis.

Die Vorschläge machen deutlich, dass die soziale Komponente, je nach Zielsetzung, mehr oder weniger neues Recht erforderlich macht.

Schlussbetrachtungen:

Die Größe dieser Stadtstrukturen sollte sich zwischen 10 000 und max. 100 000 Einwohner bewegen. Sie sollten bei anhaltendem Bedarf als Neugründungen zifferblattartig eine gemeinsame Mitte bilden, in der dann zentrale Einrichtungen wie Universitäten, Großsportanlagen, Theater u.a. entstehen können. Das dargestellte Beispiel einer Stadt für 60 000 E stellt eine Einzelgründung dar. Liegt der Schwerpunkt bei sparsamem Landverbrauch, so können Neugründungen bis auf angemessene Parkbreite heranrücken und miteinander verzahnt werden. So wären Dichten von 480E/ha zuzüglich ca. 8800m² Gewerbefläche/ha bei einer Grundflächenzahl v. 0.3 möglich, d. h. 70% des Gesamtgrundstücks „City“ sind zu nutzen als private Gärten, öffentliche Parkanlagen, Spiel- u. Bolzplätze, Sportplätze, Freibäder etc. Der Stadtgrundriss selbst ist nach Erfordernis, jeweils frei zu gestalten.

Emissionsbelastende Gewerbe- und Industriebetriebe, die nicht in die Stadtstruktur integriert werden können, sind als separate Teile des „Zifferblattes“ anzulegen. In diesem Fall sind die einzelnen Stadtstrukturen verwaltungstechnisch Stadtteile (jeweils über eine Zentralstation der Fernbahn verbunden).

Letzte Anmerkung: Die Konzeptstudie baut auf ein asiatisches Anforderungsprofil auf.

Fallbeispiel

Eine Stadt mit 60.000 Einwohnern als Einzelgründung. (8-25 Geschosse)

Der Marktplatz*
Die Straßensituation*
Stadtperspektive
Stadtgrundriß
  • 3 Parkdecks à 10.000 PKW (wird bei Bedarfreduktion in Abschnitten von B genutzt)
  • gewerbliche Flächen für emissionsfreie Produktion, die aufgrund von Sonderanforderungen nicht innerhalb des Stadtgrundrisses unterzubringen sind.
Schnitt*
* Schutzrechtlich begründete konstruktive Darstellungsreduzierung.